Hast Du Dich jemals mit Deinen Eltern auseinander gesetzt? Also so wirklich? Aus der Tiefe Deines Herzens? Aus der Tiefe Deiner Wut? Deines Schmerzes? Deiner Isolation? Deiner Leidenschaft? Deiner Liebe? Auf dem Weg zur eigenen männlichen Identität, zur eigenen männlichen Kraft und vollsten Abnabelung sind diese Prozesse unerlässlich. Darum geht´s in diesem Artikel konkret darum, wie Du Dein Vaterthema anpacken kannst, um Dich schlussendlich davon abzunabeln.
Inhaltsverzeichnis des Artikels
- 1. Verdrängte Vaterprobleme
- 2. Meine Geschichte
- 3. Schritt für Schritt das Vaterthema auflösen
- Schritt 1: Schreibe ALLES auf, was dir zu Deinem Vater einfällt
- Schritt 2: Lies diesen Brief jemanden vor
- Schritt 3: Verbrenne diesen Brief
- Schritt 4: Führe Dir vor Augen, wofür Du Deinem Vater dankbar bist
- Schritt 5: Lies auch diesem Brief jemanden vor
- Schritt 6: Gib dem Brief einen besonderen Platz
- Schritt 7: Beobachte Dich
1. Verdrängte Vaterprobleme
Ein jeder von uns hat im Laufe seiner Kindheit viele Probleme und Konflikte mit seinem Vater erfahren und unverarbeitet runtergeschluckt. Dazu kam meistens noch ein (Zeit-)Mangel an väterlicher Liebe und Zuneigung. Doch diese Konflikte sind nicht weg… sie sind häufig nur verdrängt.
Das Ergebnis: Eine Generation von Jungen, die selbst im hohen Alter ihrem Vater nie wirklich verziehen habe. Ihn nicht mit Liebe und Respekt betrachten können. Ihn (und damit auch häufig den Rest der männlichen Gesellschaft) nicht vertrauen und konkurrenzlos entgegentreten können.
Typische Symptome: Autoritätsprobleme haben, sich unter Männern unwohl fühlen und altere Männer respektlos betrachten.
Zumindest ist das meine Beobachtung der Dinge 😉 Für mich boten diese Beobachten Anlass genug, mich um mein eigenes Vaterthema zu kümmern. Wie immer führen viele Wege nach Rom und keiner ist dabei universal gültig. So auch dieser, den ich beschritten habe und den ich weiter unten Schritt für Schritt ausführe. Ich hatte ehrlich gesagt keine Ahnung auf was für eine Achterbahn der Emotionen und Kindheitserinnerungen ich mich dabei einlassen würde. Unterschätze diesen Prozess nicht, WIRKLICH!
2. Meine Geschichte
Ich war bei meinen Eltern und diskutierte mit meinem Vater über meine Erziehung. Besser gesagt, über die Erziehungsmethoden mich und meinen Bruder betreffend. Mir kamen viele Erinnerungen hoch, sah seine Fehler, seine Schwächen ganz klar vor mir. Mir stand Schaum vor dem Mund, ich war geladen, wütend und bereit zu explodieren. Während unser Streit immer lauter und “verletzender” wurde, geschah etwas wundervolles. Ich wollte gerade wieder Luft holen, um meinem Vater ordentlich meine Meinung ins Gesicht zu brüllen als ich plötzlich…. nur noch Liebe spürte.
In diesem Augenblick sah ich die Verletzlichkeit in seinem Gesicht, die Liebe und Weichheit in seinem Augen. Sah die vielen Wunden und Narben in seinem Leben. Sah den gebeuteten Krieger in ihm. Ich sah seine Fehler. Sah den gütigen König, der wirklich alles in seinem Leben gegeben hat, um mir und meinem Bruder das Beste nur mögliche Leben zu ermöglichen. Spürte seine Sehnsucht nach Verbindung, nach Harmonie, nach Dankbarkeit.
UND ich spürte meine Sehnsucht nach Frieden und Verbindung. Mir stockte der Atem. All meine Anspannung verlor sich im Moment des Seins. All meine Wut schlug in Wellen der Liebe, der Verbindung und des Verständnisses um. Ich begann zu verstehen, ich begann zu lächeln. Meine Augen wurde feucht, mein Blick milchig-klar. Wir setzten danach noch mehrere Stunden das Gespräch fort, aber der Grundteppisch der Emotionen und Verbindung war ein ganz anderer.
Natürlich wäre es auch vollkommen in Ordnung gewesen, meinen Vater weiter anzubrüllen. Denn Fehler hat er gemacht, ganz klar! Und es ist auch gut und wichtig seinem Vater gegenüber seine Emotionen ehrlich mitteilen zu können. Wenn Dir nach Wut ist, dann sei wütend. Wenn Dir nach Lachen ist, dann sei fröhlich. Verstell Dich für niemanden, erst Recht nicht für Deine Eltern. Nur in diesem Augeblick brach in mir eine versöhnende Erkenntnis durch, die dazu führte, dass wir uns einander ganz anders begegneten. Wir begegneten uns wie zwei Männer auf Augenhöhe. Ich hatte in dem Moment ein Teil meiner männlichen Identität in mir erweckt.
3. Schritt für Schritt das Vaterthema auflösen
Schritt 1: Schreibe ALLES auf, was dir zu Deinem Vater einfällt
Schreibe einen Brief in dem Du all Deinen jahrzehntelangen Frust zu Papier bringen kannst. Nimm kein Blatt vor den Mund, lass es ungefiltert, ehrlich und ruhig auch übertrieben raus! Wenn Du Dich so richtig in Rage schreibst, Deine Hände beginnen zu zittern und Dir Schaum vor dem Mund steht, umso besser. Einfach weiter zu Papier bringen. Gerne auch ordentlich übertreiben. Dieses Blatt Papier ist Deine Bühne, auf der Deine vielleicht schon jahrelang unterdrückten Emotionen in jeglicher Härte an ihren Platz fallen dürfen.
Lass den Brief danach einen Tag ruhen und nehme ihn Dir dann wieder zur Hand. Lies ihn Dir ganz aufmerksam durch und ergänze, wenn Dir noch etwas einfällt.
Komm ja nicht auf die Idee, den Brief im Nachheinein nochmal abzuschwächen. Unser Verstand und unsere Konditionierung versucht uns häufig einen Streich zu spielen. Der Streich der Mäßigung und Zurückhaltung. Gedanken wie: “Ach, so schlimm war das alles gar nicht.” oder ” Naja, der hatte ja auch eine harte Zeit damals.” sind es, die uns von unserem Schmerz und von unserem wahren Gefühl abbringen wollen. Werde nicht zum Gutmensch, es geht um Deine ungefilterten unrationalen Gefühle! Bleib genau dabei und spüre, wie es Dir damals bzw. auch heute noch in Bezug auf Deine Kindheit geht!
Schritt 2: Lies diesen Brief jemanden vor
Gibt es jemand dem Du sehr vertrauen kannst, egal was Du ihm sagst? Vielleicht Dein bester Freund? Wenn ja, dann bitte diese Person, dass Du ihm den Brief vorlesen darfst. Wenn Dir dieser Schritt zu viel ist, dann lese diesen Brief Deinem Spiegelbild laut vor. Es geht bei diesem Schritt darum die Energie (Wut, Verzweiflung, Angst, Trauer, usw) nach draußen zu lassen. Aus Deinem Körper in den Raum. Aus Deinem Körper vielleicht in Resonanz mit einem anderen Menschen. Tatsächlich ist das Gefühl gehört zu werden, ein wesentlicher Bestandteil beim Heilungs- bzw. Versöhnungsprozess. Darum lass es einfach raus!
Schritt 3: Verbrenne diesen Brief
Ich möchte diesen Schritt gar nicht esoterisch oder parawissenschaftlich aufladen, aber meine jahrelange Beobachtung hat mir sehr deutlich gezeigt, dass Vergangenes verbrennen eine sehr heilsame und loslassende Wirkung hat. Warum glaubst Du, dass viele Menschen intuitiv Fotos von ihren Exgeliebten verbrennen?! Liebesbeweise begraben, von der Festplatte löschen, usw. Jeder dieser Akte scheint unterbewusst eine Art des Vergessen oder Aussöhnung mit dem Thema einzuleiten. Also nutze diesen Schritt.
Nimm ein Feuerzeug und verbrenne das Schriftstück. Führe Dir vor Augen, wie all das was Du aufgeschrieben hast, von den Flammen verschlungen, gelöscht und in der Asche begraben wird! Lass es einfach gehen!
Schritt 4: Führe Dir vor Augen, wofür Du Deinem Vater dankbar bist
Mache diese Übung unbedingt 1 – 2 Tage nach Schritt 3! Je nach Kindheit und Herkunft kann diese Aufgabe unterschiedliche Herausforderungen in sich bergen. Wenn Du eine erfüllte und verhältnismäßig reibungslose Kindheit hattest, werden Dir sehr viele Dinge einfallen. Hattest Du jedoch eine traumatische, traurige und/oder unerfüllte Kindheit, kann es sehr schwer fallen positive Dinge zu finden. Das ist ok. Dein Vater war sicherlich in diesem Falle auch ein Arsch!
Ich bin mir jedoch sicher, dass jeder Vater stets in irgendwelcher Weise versucht, seinem Sohn etwas für´s Leben beizubringen. Seinen Schatz mit seinem Sohn teilen möchte, auch wenn die Mittel und Bedürfnisse des Kindes häufig nicht berücksichtigt werden. Um diese Dinge zu erkennen, kann es eventuell sehr hilfreich sein, eine zweite unabhängige Meinung einzuholen. Sprich mit Deinem besten Freund über Deinen Vater. Geh zu einem Therapeuten, hole dir bei uns Rat oder probiere, was auch immer sich für Dich richtig anfühlt.
Jedes Wort bringt Dich der Vergebung näher.
Manachmal reicht es auch einfach den Betrachtungswinkel um einige Grad zu verändern und schon erscheint alles in einem ganz anderen Licht. Plötzlich werden schmerzliche, traumatische Erfahrungen zu lustigen und sehr wertvollen Erlebnissen reflektiert. Johnny Cash hat in diesem Zusammenhang einen brilliant-humorvollen Song namens “A Boy named Sue” geschrieben. Diesen hat er unter anderem vor tausenden von Straftätern im Gefängnis (von denen viele ein Vaterthema haben) gespielt. Klicke auf den Link, schau bzw. hör ihn Dir an und lass ihn auf Dich wirken.
Schreibe auch diese Dinge auf. Halte sie Dir nicht nur vor Dein inneres Auge, sondern bring sie vor Dein tatsächliches Augenlicht auf Papier. Auch hier empfehle ich Dir einen Brief mit persönlicher Anrede an Deinen Vater und einen sehr emotionsreichen Schreibstil! Lass keine rationale Zensur Deines Verstandes zu! Wenn Du ihn für irgendein Ereignis von Herzen geliebt hast, dann schreibe das genau so hin! Scham, Zurückhaltung und all der gesellschaftliche Erwartungsdreck ist hier fehl am Platz. Gib Dich Deinen wahren Gefühlen voll hin beim Schreiben!
Schritt 5: Lies auch diesem Brief jemanden vor
Ähnlich wie Schritt 2 gilt es auch hier wieder die Emotion und Energie aus Dir heraus mit dem Umfeld zu teilen. Entweder mit einem Menschen, dem Du vertrauen kannst oder zumindest Deinem eigenen Spiegelbild.
Schritt 6: Gib dem Brief einen besonderen Platz
Im Gegensatz zum Schritt 3 soll hier der Brief nicht verbrannt werden, sondern einen besonderen Platz bekommen. Dieser Platz kann zB. im Portemonaille, am Spiegel oder am Kühlschrank sein. Du kannst ihn auch eine zeitlang als Lesezeichen verwenden. Ein kleiner Tipp: ich habe gerne solche Schriftstücke eingescannt und eine zeitlang als Desktophintergrund auf meinen Computer verwendet. Probier´s einfach mal aus, ich kann´s Dir nur wärmstens raten.
Wenn der Brief zu lang ist, schreibe einen kurzen Stichpunktzettel, auf dem alle wichtigen Punkte in gebündelter Form zu Wort kommen. Wichtig ist, dass er Dir mindesten einmal pro Tag ins Auge springt und Dich an die guten Seiten Deines Vaters erinnert.
Schritt 7: Beobachte Dich
Veränderung braucht Zeit und Geduld. Wenn Du erwartest mit diesen 6 Schritten Dein über Jahre oder Jahrzehnte aufgebautes Vaterthema abzulegen, könnte es passieren, dass Dir eine Enttäuschung bevor steht. Es liegt nun einmal in der Natur der Dinge, dass Veränderung (besonders wenn es sehr emotionale ist) eine gewisse Zeit brauchen bis sie an ihren Platz fallen. Auf dem Weg dahin gibt es unzählige weitere individuelle Schritte, die jedoch diesen Blogartikel bei weiten übersteigen würden.
Darum möchte ich Dir zu guter Letzt ein paar weiterführende Ratschläge mit auf dem Weg geben, die mir sehr geholfen haben:
- bleib in Kontakt mir Dir und Deinen Gefühlen. Vielleicht ist es auch ganz nützlich jederzeit ein kleines Notizbuch zur Hand zu haben, in welches Du neue Erkenntnisse gleich nieder schreiben kannst.
- Lebe Deine Gefühle aus. Es gibt Momente im Leben, da kann es sehr nützlich sein, seine Emotionen unter Kontrolle zu haben. Doch häufig findet NUR Verdrängung statt. Gewöhne Dir an, Deine Emotionen deutlich nach außen zu zeigen. Gerade bei Gesprächen mit Deinem Vater ist emotionale Ehrlichkeit sehr wichtig. Wenn Dir nach Schreien und Wut ist, dann lass das genau so raus. Wenn nicht, dann nicht.
- Probiere Dich und Deine Intuition aus. Ich habe aus einer spontane Laune heraus angefangen, meinen Vater zur Begrüßung und zum Abschied zu umarmen. Die ersten beiden Male war das nicht nur für mich, sondern auch für meinen Vater einen Komfortzonenerweiterung. Es wirkte sehr befremdlich… aber danach habe ich einen deutlichen Unterschied in der Beziehung zwischen uns wahrgenommen.
- Suche Dir ggf. professionelle Hilfe. Ein Seminar, ein Coaching oder eine Therapie können nutzvolle Werkzeuge sein, um rasante Fortschritte in Deinem Leben zu erzielen
- Lese unseren Blog und unsere Männlichkeits-Mail. Ja wirklich, wir berichten über unsere Erfahrungen in unserem Leben in allen Bereiche. Darunter wird auch ganz häufig das Thema Krisenbewältigung mit dem Vater, der Mutter, den eigenen Emotionen usw. dabei sein. Es lohnt sich also, Dir Deine persönliche Männlichkeits-Mail zu sichern!
- Sei gut zu Dir. Nimm Dir den Freiraum, den Du brauchst und halte Kontakt mit Deinem inneren Selbst. Ansonsten macht alles andere keinen Sinn 🙂
Wie schon gesagt, werden dir diese 7 einfachen Schritte dabei helfen Dein Vaterthema anzupacken, um eine emanzipierte sowie freiere Beziehung mit Deinem Vater zu leben. Damit auch eine bewusstere Verbindung zu Dir, zu Deinem Mann Sein und zu Deinem erfüllenden Lebensweg. Dieselbe Anleitung kannst Du im übrigen auch für eventuelle Mutterthemen nutzten. Ich hoffe, ich konnte Dir mit diesem Artikel weiter helfen und ein paar nützliche Hinweise auf dem Weg Deiner individuellen Mannwerdung an die Hand geben.
Wenn du wirklich tiefgreifende Methoden und Strategien in deiner individuellen Mannwerdung erhalten und umsetzen willst, schau dir unbedingt unserer kostenfreies 7-Tage-Männlichkeits-Training an.
An Tag 7 erklären wir dir, wie du aus den Erfahrungen deiner Kindheit optimal lernen kannst und somit dein Ur-Vertrauen zurückgewinnst.
Hey,
das Thema werde ich mit den Schritten definitiv angehen … als Frau.
Vielen Dank für’s Teilen 🙂
Sehr gerne und viel Erfolg Poetin : )
Lieber Martin,
schade, dass Ihr das Vaterproblem nur auf Söhne bezieht.
Ich werde versuchen, anhand Deiner Tipps “frei” zu werden, zu vergeben, meine Adrenalinzufuhr bei Telefonaten mit meinem Vater, der zwischenzeitlich in einem Pflegeheim lebt, gar nicht erst hochfahren zu lassen.
Danke! Welch ein Zufall, heute in der Früh auf Deine Seite aufmerksam geworden zu sein.
Hey Martina – ja, damals haben wir es nur auf Sicht des Jungen geschrieben. Heute würde ich das ggf. anders machen.
ABER, ich empfehle zu dem Thema bei unserem guten Freund Anton vorbei zu schauen. Der hat super Angebote für Väter und Söhne: https://www.maenners.com/