Die Geschichte der Männlichkeit Wie funktionierten Männer früher und heute?

15 Minuten Lesezeit

Stefan erhebt sich plötzlich aus seiner Yogapose, klappt sein Macbook zu,schnappt sich zwei Kondome und eine Viagra, bevor er die Wohnung verlässt. Ganz verwundert schau ich ihm hinterher. Bis eben war er noch ganz ruhig. Bis er kurz auf sein Handy schaute….

Ich rufe ihm hinterher: »Wo gehst´n hin Kumpel?«

Er: »Hab ein Tinderdate – mal schaun, vielleicht wird heute noch gebumst.«

Ich lass mich zurück in meinen Sessel fallen, nippe an meinem Grüntee und beginn mich zu fragen: Mhh, ist das das moderne Mann sein von heute?

1. Die Geschichte der Männlichkeit

Es ist einige Zeit her, als mir dies passiert ist, aber seitdem habe ich viel über das Thema Männlichkeit, Männlichkeitsrituale und Mann sein gelesen.

Und tja, was soll ich sagen?! Das Männerbild hätte vielfältiger nicht sein können. Je nach Kultur, Umgebung oder Religionen entstanden ganz unterschiedliche Ausprägungen von »typisch männlich«. Auch die gesellschaftlichen Erwartungen an Mann sein waren grundverschieden.

Wie verschieden und warum es sich überhaupt lohnen könnte, sich als Mann mit diesem Thema auseinanderzusetzen, das erklär ich dir in diesem kurzen Video hier:

Die Geschichte der Männlichkeit - Warum du sie kennen musst!

2. Nichts ist absolut

Bevor wir richtig einsteigen, will ich noch kurz etwas vorwegnehmen. Nichts ist Absolut. Wenn ich zum Beispiel von Machomännern spreche, dann heißt das nicht, dass ALLE Männer in dieser Region/Kultur so drauf waren.

Eigentlich muss man sowas nicht erwähnen, weil es zum allgemeinen Verständnis vom Mensch sein gehören sollte, aber einige Menschen haben Schwierigkeiten mit diesem Konzept. Daher noch einmal ganz ausdrücklich: NICHTS VON DEM, WAS ICH HIER BESCHREIBE, IST ABSOLUT… außer das hier vielleicht! 😉

Ich versuche vielmehr allgemeine Verhaltenskodexe aus der Kultur zu beschreiben, dem die Männer und Frauen nachgestrebt haben.

Graufärbungen hat es immer gegeben. Daher nehme nicht jedes Wort als absolute Wahrheit – es ist es nicht!

3. Die 3 großen Bilder von Männlichkeit

Grundlegend gibt es in meinen Augen 3 grobe Männertypen, aus denen sich in der heutigen Zeit der moderne Mann herauskristallisiert hat. Das ist zum einen der

    • Macho-Mann,
    • Der Kriegermann
  • und der androgyne Mann.

Jeder dieser Typen verkörpert unterschiedliche Aspekte von Männlichkeit, wie du gleich merken wirst.

4. Der Macho-Mann

Diese Form der Männlichkeit findet sich vor allem im mediterranen Raum wieder, also viele Länder um den Mittelmeerraum. Aber auch unsere Kultur hat starke Wurzeln in diesem Männertyp.

Die Länder in dem Raum sind seit Jahren miteinander verbunden, die Populationsrate war verhältnismäßig groß, es gab viel Nahrung und der kulturelle Austausch war stark.

Männlichkeit leben bedeutet dort, selbstbewusst zu sein, sehr ausdrucksstark und expressiv aufzutreten, viel zu arbeiten, laut zu feiern, Herausforderungen zu suchen und sich Frauen zu nehmen bzw. sogar zu überwältigen.

Tatsächlich war es gar nicht selten, dass im vergangenen Spanien, Griechenland und Italien Frauen gekidnappt und vergewaltigt. Männlichkeit wurde stark daran gemessen, welche Ergebnisse geliefert wurden; wie dies geschah, war zweitrangig.

Mit der Frau geschlafen zu haben bedeutete mehr, als die Frau glücklich dabei gemacht zu haben. Ab einem gewissen Alter wurde es auch von einem richtigen Mann erwartet, dass er Kinder bekommt.

Ob die beiden glücklich verliebt waren, war uninteressant. Es zählt das Ergebnis.

Das männliche Ego hat sich daher vor allem über den Status von der Anzahl der Frauen, Risikobereitschaft und Erfolg definiert. Wie dieser Erfolg entstand, war eher zweitrangig, weswegen auch ein nachhaltiges Denken weniger wichtig war.

5. Agiere wie ein richtiger Mann

Es ist wichtiger, wie ein guter Mann zu agieren, als ein guter Mann zu sein. Wenn Männer diesem Erwartungsbild nicht entsprachen, war ihr Ansehen schlecht. Sie wurden weder von den Männern noch von den Frauen respektiert.

Als Teil dieser Gesellschaft musste man(n) viele Erwartungen erfüllen. Man durfte keine Angst vor Frauen haben, bei jedem Wettrinken dabei sein, expressiv auftreten und keine Schwäche zeigen.

Sofern der Mann eine Familie hatte, wurde es erwartet, dass man diese ernährt und für sie sorgt! Dieses Bild ist auch noch sehr stark in dem arabischen Teil des Männerbildes verankert. Als Mann hast du für Frau und Kind zu sorgen – wie es dir dabei geht, ist unwichtig.

Auch wir Deutschen habe diese Mentalität stark in uns aufgenommen. Fleiß um jeden Preis sollte Mann haben. Das war jedoch nicht immer so.

6. Ein kurzer Ausflug zu den Germanen

Gehen wir ein paar tausend Jahre zurück zu den alten Germanen, sah der Alltag schon ganz anders aus.

Wer glaubt, die Germanen seien zähe, disziplinierte Hunde gewesen, die jeglichen Umständen strotzen, irrt sich zum Teil. Ja, die Germanen konnten ziemlich übel auftreten, waren aber eher organisiert wie die Löwen in der Savanne.

Das heißt, sie hingen die meiste Zeit des Tages faul in der Ecke rum, bis sie von ihren Frauen unter Schlägen zum Arbeiten angehalten wurden. Die Tugend der Disziplin war bei den Germanen nicht so groß geschrieben, wie in den nachfolgenden Kulturen.

Auch in den nachfolgenden Epochen hat sich das Männerbild ständig verändert; abhängig von den Königen und Herrschern. Wer mehr darüber erfahren möchte, dem empfehle ich das Buch »Und sie schämeten sich nicht – ein zweitausend Jahres Bericht der deutschen Sexualität« von Joachim Fernau.

7. Die Bestätigung der Männlichkeit

Bei den Machomännern waren vor allem Frauen und der Mut, sich zu beweisen, ein enorm wichtiges Element der Männlichkeitsbestätigung. Doch auch in weit entfernten Kulturen erkennen wir parallele Männlichkeitszeichen.

Zum Beispiel in den Föderierten Staaten von Mikronesien war typisch männlich ebenfalls sehr machohaft geprägt. Bis zu ihrem 4. Lebensjahr waren Jungen und Mädchen gleich.

Aber nach diesem Alter, wurden die Rollen stark gesellschaftlich verändert. Die Erwartungen zwischen Männlein und Weiblein waren plötzlich andere.

Von Männern im Alter zwischen 18 – 25 wurde zum Beispiel erwartet, dass sie viel trinken, sich häufig prügelten und geilen Sex hatten (Frauen MUSSTEN kommen, sonst hast du als Mann versagt).

Risikobereitschaft und ein ausgefülltes Sexleben waren wichtige Zeichen des Mann seins. Teilweise waren deren Einstellung so krass, dass man von einer Überkompensation weiblicher Fürsorge sprechen kann.

Das bedeutet, dass sie so hart auftreten mussten, um zu zeigen, dass sie auf eigenen Beinen stehen können; für sich selbst sorgen können und nicht mehr auf Mamas Brust angewiesen sind.

Nach dieser wilden Phase wurden die Männer deutlich ruhiger, zogen sich zurück und agierten vor allem als beflissene Familienoberhäupter. Das war gesellschaftlich vollkommen ok und gehörte ebenfalls zum Männlichkeit leben, wie die wilde Phase davor.

Fehlte jedoch diese wilde Phase, dieses Beweisen der Männlichkeit, war es ein Leben lang um den Ruf des Mannes geschehen.

Auch heute gilt noch bei vielen eine gewisse Phase, in der Männer mit vielen Frauen schlafen und große Risiken eingehen, zu einem Teil des Erwachsenwerdens. Du brauchst kein Draufgänger zu werden, doch der Mut, entschlossen deinen eigenen Weg zu gehen und gesellschaftliche Regeln zu überwinden, kann dir sicherlich helfen, ein erfüllendes Leben zu führen. In unseren kostenfreien E-Mail-Lektionen zeigen wir dir, wie du mit kleinen Veränderungen in deinem täglichen Leben langfristig zu einem mutigen und risikofreudigen Mann werden kannst.

8. Die oberflächlichen Mehinaku

Bei den Mehinaku, einem indianischen Naturvolk in Brasilien, war das Männerbild noch extremer ausgeprägt. Hier galt vor allem die physische Beschaffenheit und die Möglichkeit, seine Güter mit anderen teilen zu können, als extrem männlich.

Das bedeutet, ist der Mann groß und hat viel Besitz, welchen er teilen kann, kann er sich jede Frau aussuchen. Es war komplett normal, dass kleine Männer drangsaliert und die Frau vor seinen Augen von den größeren Männern sexuell verführt wurde.

Etwas, was in der Cuckolding-Szene heutzutage Anklang findet.

9. Der Krieger-Mann

Damit möchte ich vom Machomann zum Krieger-Mann übergehen.

Dieses Männerbild findet sich in vielen Kulturen wieder, wo das Nahrungsangebot nicht so reich bestellt, die Landschaften weit und das Überleben schwieriger war.

In solchen Kulturen mussten Jungen häufig zu Männern durch Männlichkeitsrituale »gemacht« werden, auf die ich noch kurz eingehen werde. Die Erwartungen lagen weniger darauf, möglichst viele Frauen ins Bett zu kriegen oder besonders großspurig aufzutreten.

Ihr Fokus lag darin, viele Nachkommen hervorzubringen, starke Jäger zu sein und viel Nahrung zu beschaffen.

Jagen galt zum einen als wichtige Fähigkeit, Nahrung zu beschaffen, war aber auch wichtig zur Beschaffung ritueller Gegenstände oder alltäglicher Werkzeuge. Ein Stoßzahn, erbeutet bei der Jagd von einem gefährlichen Tier, wurde zu einem wichtigen Insignium der Männlichkeit.

Bei solchen Kulturen ist es nicht verwunderlich, dass Jagen als wichtiges Element des Mann seins galt. Wer nicht erfolgreich jagen konnte, galt als schwach und unnütz für die Gesellschaft.

Darum war es auch recht normal, dass eine Frau den schlechten Jäger verließ und mit einem anderen besseren Jäger Sex/Kinder hatte. So erklärt sich auch, warum das Kinderkriegen so wichtig in dieser Kultur war.

Wer in kargen Gegenden gut jagen, also seine Familie ernähren konnte, konnte auch mehr Nachkommen zeugen. Die biologische Überlebenswahrscheinlichkeit war dort wesentlich höher als bei einem schlechten Jäger.

Im Übrigen wäre der Umkehrschluss falsch, zu sagen, dass solche Kulturen besonders aggressiv in ihrem Auftreten waren. Die »Mbuti Pygmy« im Kongo zum Beispiel galten als sehr friedvoll, und trotzdem war es extrem wichtig, als Mann gut jagen zu können.

10. Männerinitiationen – oder »der Junge, der zum Mann gemacht wird«

Unter den Umständen ist es auch ziemlich einleuchtend, warum in solchen Kulturen extreme Männerinitiationen zur Mannwerdung dazugehörten. Ohne besonders in die Tiefe einzugehen, will ich ein paar Beispiele nennen, anhand derer klar wird, was Mann sein dort bedeutet.

Bei den Samburu beispielsweise wurden die Jungen unter einer dramatischen Geste von den Müttern getrennt und aus der Gemeinschaft ausgeschlossen. Tränen und Schreie waren dabei keine Seltenheit.

Das ganze war jedoch mehr ein Spiel, bei dem jeder seine Rolle kannte.

Der nächste Teil des Männlichkeitsrituals bestand darin, ein Rind zu erbeuten bzw. eine Rinderherde zu erwerben.

Dazu muss gesagt werden, dass diese Kultur vor allem vom Fleisch und den Gütern von Rindern lebt. Eine große Rinderherde zu besitzen bedeutet, einen hohen Status zu besitzen.

Da die Rinder nicht freiwillig den Burschen gegeben wurden, mussten sie diese stehlen.

Jungen, die keine Rinder erbeuten konnten, galten als schwach und waren uninteressant für Frauen.

Ab dieser Phase des Lebens durften Männer keine Nahrung oder sonstige Fürsorge von Frauen bekommen, da dies als Zeichen von abhängiger Jungenhaftigkeit verstanden wurde.

Viele Jungen wurden bei der kriminellen Rinderbeschaffung geschnappt, gefoltert und getötet. Nur die »Härtesten«, Cleversten und Skrupellosesten überstanden dieses Ritual. Sie wurden mit Ansehen belohnt.

Doch an diesem Punkt enden die männlichen Erwartungen nicht. »Ein Mann, der sein eigenes Vieh frisst, gilt als geizig und arm.« Ein echter Mann teilt seinen Besitz, ist generös und hergebend für andere.

Je mehr ein Mann der Gemeinschaft hergibt, desto besser war sein Status.

11. So blasen Jungen in Sambia beim Männlichkeitsritual

In Sambia sieht die Männerintuition des Jungen zum Mann wieder ganz anders aus. Neben sehr langen und schmerzhaften Praktiken, bei denen die Jungen nicht einen Ton von sich geben durften, gehörte Fellatio zum Initiationsprozess fest dazu.

Konkret sieht das so aus: Die Jungen blasen den älteren Männern den Schwanz, bis diese kommen. Das Sperma, welches geschluckt wurde, diente dazu, das geheime Organ »Tingu« zum Wachsen anzuregen. In diesem Organ liegt bei den Männern die Männlichkeit und es kann nur durch Sperma zum Wachsen angeregt werden.

Da Frauen den Männern durch Sex das Sperma rauben und damit auch deren Männlichkeit, leben die Geschlechter häufig getrennt voneinander.

Video Homosexualität der Eingeborenen - Papua-Neuguinea

Auch bei den Gisu, einem Volk in Ostuganda gehören schmerzvolle Männlichkeitsrituale fest zum Bestandteil der Mannwerdung dazu. Stundenlanges Schlagen, Vorhaut aufschneiden und psychische Qualen fordern von den Jungen einen unheimlichen starken Willen.

Außerdem wird deren Kreativität, Einfallsreichtum und Disziplin in weiteren Prüfungen auf die Probe gestellt.

Interessant ist, dass die Gisu insgesamt ein sehr friedvolles Volk sind, die versuchen, Kämpfen eher aus dem Weg zu gehen.

12. Doch warum gibt es dann diese Männlichkeitsrituale?

Der Sinn solcher Rituale liegt vorwiegend in der Maximierung der Effektivität innerhalb der Gesellschaft. Ähhh, was?!

Das bedeutet: sind die Lebensumstände hart, ist Nahrung knapp und braucht es viel Disziplin zum Überleben, werden die Fähigkeiten in Form von Ritualen bei Jungen »antrainiert«.

Die Motivation, eine solche Tortur zu überstehen, lag in dem Respekt, dem gesellschaftlichen Ansehen und der Aussicht auf Sex mit Frauen.

Doch warum mussten Frauen nicht durch solche Rituale?

Frauen sind durch die Schwangerschaft, die Geburt und dem Säugen von Kindern dermaßen »beschäftigt«, dass die »gefährlichen« Tätigkeiten von Männern übernommen werden mussten.

Natürlich beteiligen sich Frauen auch bei der Jagd, aber reine Jägerinnen sind selten auf der Welt gefunden worden. Auch das ergibt Sinn, wenn man bedenkt, wie abhängig das Überleben eines Stammes von Frauen war.

Schließlich kann ein Mann 10 Frauen schwängern. Stirbt jedoch eine Frau, fehlt eine komplette Fortpflanzungslinie.

Daher sollten Frauen in gefährlichen Regionen eher im Lager bleiben bzw. weniger gefährlichen Dingen nachgehen.

13. Das androgyne Mann sein

Bis zu diesem Punkt könnte man meinen, dass das Konzept von Männlichkeit leben stets harten, disziplinierten und dominanten Kriterien folgt. So habe ich zumindest geglaubt, bis ich von anderen Kulturen hörte, bei denen das Männerbild ein gänzlich anderes war.

Willkommen in Indien. Schon allein die hinduistischen Gottheiten (z.B. Shiva) fallen durch ihre feminin anmutenden Züge auf. Religiös soll darin die Einigkeit zwischen männlich und weiblich zum Ausdruck gebracht werden.

Wenn die Abbildungen der Gottheiten schon so Transgender sind, verwundert es auch wenig, dass das Auftreten der Männer ein gänzlich anderes sein konnte – besonders im Süden von Indien ist dies sehr deutlich sichtbar.

Dort ist es normal, dass es Transgenders gibt, die in Frauenkleider durch die Straßen laufen und sich so gebärden. Zum Teil werden sogar Feste gefeiert, bei denen alle Männer in Frauenkleidern durch die Straßen laufen.

Straight men dress up as women here in India, as a fertility prayer : Chamayavilakku

Südindien hat kulturell ein sehr polymorphes und komplexes Männerbild, welches allen Facetten des Menschseins Raum zur Gestaltung und die Akzeptanz in der Gesellschaft gibt.

Jedoch haben die Ausmaße der Auslebung seit Mitte des 18.Jahrhunderts einen Dämpfer erfahren. Damals wurde politisch »bewiesen«, dass ein Männerbild, welches sich nicht an dem westlichen Männerkonzept orientiert (fleißig, durchsetzungsstark, usw.), im globalen Konkurrenzkampf nicht mithalten kann.

Es kam zu einer Verhaltensänderung, die den Jungen zum Mann erzog, durch typisch männliche Eigenschaft wie Disziplin, Durchsetzungsstärke, Konfrontationsbereitschaft und viele mehr.

Das Bild vom Mann sein hat sich dadurch etwas gewandelt, ist aber noch immer sehr anders in Indien, als das unsere.

14. Die Männer in Tahiti

Aber wer von dem indischen Männerbild verwundert ist, stößt bei den tahitischen Männern erst recht an seine Frau-Mann-Glaubensgrenzen.

Die Männer dort sind etwas weiblich, die Frauen etwas männlich. Typisch männlich und weiblich scheint es dort nicht zu geben (mit Ausnahme ihrer körperlichen Sexualmerkmalen).

Männer und Frauen betreiben die gleichen Tätigkeiten, treten sogar im Sport gegeneinander an. Zum Teil klären Männer Frauen darüber auf, wie sie Kinder gebären sollen oder ihr Kind säugen können.

Ihre Sprache kennt kein weiblich oder männlich. Als Tahiti 1767 entdeckt wurden, waren die Matrosen ganz erstaunt über das Gebärden der Einwohner. Die Frauen zeigten sich nackt vor ihnen und boten ihre Töchter den Männern an.

Die tahitischen Männer hielten sich ganz entspannt zurück.

Grundsätzlich lebt die Kultur in einer paradiesischer Umgebung. Sie kannten keine Feinde, es gab keine Kriege, Nahrung konnte sehr leicht beschaffen werden und wirtschaftlich gab es keine Konkurrenz.

Daher gibt es auch kein Konzept von Ehre, Vergleichen oder jemanden Übertrumpfen. Da brauchte es auch keine krassen Männlichkeitsrituale, um aus Jungen toughe Männer werden zu lassen.

Interessanterweise haben die Ureinwohner von Tahiti trotzdem so etwas wie eine Männerinitiation. Es handelt sich dabei um eine Art der Beschneidung, die jedoch vor allem gesundheitlichen Gründen dient. Dieses »Männlichkeitsritual« wird auch nicht für alle sichtbar ausgetragen, sondern ganz unspektakulär in der Unterkunft.

Auch erwarten einem Mann danach keine großen Respektsbekundungen oder Ähnliches. Es ist wohl das, was wir als eine gesundheitliche Präventionsmaßnahme bezeichnen. Nicht mehr und nicht weniger.

15. Der Maha des Dorfes

An der Stelle verwundert es schon fast nicht mehr, dass Transsexuelle in der Kultur sehr hoch geehrt und geschätzt werden. Diese Person, die in jedem Dorf dazu gehört, wird Maha genannt. Männer suchen die »Maha« dann auf, wenn sie entweder etwas Abstand zu Frauen suchen oder ihre weibliche Seite mehr ausleben wollen.

Ja genau, in Gegenwart des Mahas verhalten sich »heterosexuelle« Männer tendentiell eher passiv, um den sonst so gewohnten aktiven Akt mit Frauen in Balance zu bringen – verrückt, oder?! 😀

Zum Abschluss des androgynen Mannes möchte ich noch kurz das Mann sein der Semai in Malaysia vorstellen.

16. Wer hat das schönste Blasrohr?

Diese Kultur ist für Forscher schon seit langer Zeit wegen ihrer Aggressionslosigkeit interessant. »Sobald man aggressiv wird, wird etwas Schlimmes passieren!«, lautet eine wichtige Regel der semaiischen Religion. Darum leben die Menschen dort fast schon unheimlich friedlich.

Es gibt keine Sportarten, die mit Schmerzen, Verlust oder anderen schlechten Gefühlen einhergehen. Die Kinder werden nicht zu irgendetwas gezwungen. Sie müssen weder männlich noch weiblich auftreten.

Frauen werden NICHT von den Männern beschützt, wenn es zu einer Auseinandersetzung kommt. Jeder ist für sich selbst verantwortlich.

Kein Wunder, dass es in der Vergangenheit zu vielen sexuellen Übergriffen von fremden Männern kam und daher der genetische Pool der Semai wild durchwachsen ist. Von glattem Haar, über krauses Haar, langen und kurzen Nasen, usw. ist alles innerhalb der Kultur vertreten.

Auch bei der Jagd, die mit dem Blasrohr geschieht, wird ausschließlich ein kleines Tier gejagt, weil dies nicht zu gefährlichen Situationen führen wird. In den sonnenreichen Jahreszeiten bevorzugen es die Männer jedoch, unter den Bäumen zu liegen und darauf zu warten, dass ihnen ihre Nahrung vom Baum herunterfällt – typisch männlich eben.

Das Blasrohr ist das Einzige, was so etwas wie einem Männersymbol entspricht. Es wird ausschließlich von den Männern hergestellt, wird nur von den Männern besessen und mit erschreckend viel Liebe behandelt.

Zum Teil investiert der Mann mit dem Bau und der Schmückung seines Blasrohrs mehr Zeit, als mit dem Bau eines Hauses.

Ansonsten sind die Unterschiede zwischen Männer und Frauen in dieser Kultur kaum vertreten. Wenn Gefahr droht, flüchten die Männer eher, als dass sie sich der Gefahr des Todes aussetzen.

Trotz der vielen Übergriffe, die diese Kultur erleiden musste, scheint es, als gäbe es keinen Groll oder Aktion der Vergeltung. Deren Form von Mann sein basiert weder auf Besitz, noch auf gefährliches Jägerkönnen oder Ehrgefühl.

Sie wollen ein ungefährliches und ruhiges Leben leben – wie die Hobbits.

17. Die Geschichte der Männlichkeit und der moderne Mann

Und damit möchte ich den Vergleich der unterschiedlichen Konzepte von Männlichkeit beenden. Es gibt natürlich noch unzählige weitere Kulturen, die ebenfalls ganz eigene Bilder von Männlichkeit zur Schau tragen. Aber ich denke, für einen groben Überblick reichen diese Beispiele der Geschichte der Männlichkeit.

Für mich hat sich beim Vergleich sehr deutlich gezeigt, dass Männlichkeit und das Mann sein enorm stark von zwei Faktoren beeinflusst wurde. Produktion (z.B. Nahrung) und Reproduktion (Kinderkriegen).

Die Produktion beschreibt die natürlichen Ressourcen des Überlebens. Ist Nahrung schwer verfügbar und das Klima zum Überleben schwer, mussten die Jungen extreme Rituale über sich ergehen lassen, um als Mann zu gelten.

Sie waren notwendig, um in der Umgebung überlebensfähig zu sein.

Befand sich die Kultur jedoch in einem wahren Paradies, wo alles leicht und permanent zugänglich war, gab es keinen Grund, einen enormen Kriegerstatus zu entwickeln.

Dann war vielleicht die Reproduktion, also die Anzahl der zu bekommenen Kinder, viel bedeutender als Zeichen von Männlichkeit. Gerade in Machokulturen ist dies häufig ein wichtiges Merkmal zur Bestätigung des Mann seins.

18. Und wo stehen wir?

Achja, wo stehen wir eigentlich? Wo ist unser »Mann sein« in der Geschichte der Männlichkeit?

Ganz ehrlich, bei all den Dingen, die ich zu dem Thema gelesen habe, muss ich für mich feststellen, dass sich unserer Männerbild gerade komplett revolutioniert. Unsere Wurzeln stammen tendenziell von den Machokulturen ab. Jedoch vermixt sich dieses Bild in den letzten 50 Jahren durch die Emanzipation, die Globalisierung und den Austausch durch´s Internet.

Ich für mich definiere mich zum Beispiel als einen Mix aus Postmilitarismus des 2. Weltkrieges und Hippie-Friedensbewegung der 68iger Zeiten. Schau dir dieses Video an, in dem ich dir erkläre, was ich damit gemeint habt und wie dies auch dein Männerbild in der heutigen Zeit geklärt hat.

Was für ein Mann bist du - Die Geschichte der Männlichkeit

Ich vermute mein Kumpel Stefan, der gerade Spaß bei seinem Tinder-Date hat, definiert sein Mann sein nochmal ganz anders.

19. Warum Rollenbilder trotzdem so gut sind

Jetzt kommt in meinen Augen der Fluch, welcher zugleich der Segen des Männerbildes von heute ist. Mann Sein in der heutigen Zeit hat keinen festgelegten Rahmen oder Kodex, an dem man(n) sich orientieren muss.

Klar gilt es immer noch als fucking manly erfolgreich zu sein, ein dickes Auto zu haben und reihenweise Frauen flach zu legen. Auch wer bekannt ist, wird keine Probleme damit haben, von Frauen umschwärmt zu werden.

Doch musst du als Mann heutzutage nicht mehr hart sein, um trotzdem als männlich zu gelten. Du musst nicht muskelbepackt sein. Du kannst den ganzen Tag am PC sitzen und spielen. Selbst wenn du nix auf die Reihe bekommst, kannst du enormen Erfolg bei Frauen haben.

Ein klares Gesellschaftsbild von Männlichkeit gibt es nicht mehr. Du wirst für jeden Weg, den du einschlägst, Menschen finden, die das toll finden und andere, die das scheiße finden.

Blöd nur, wenn du diesen Weg, der zu dir passt, nicht findest. Wenn du keine Ahnung davon hast, welches der Weg ist, der dich als authentischen Mann erfüllt.

Wenn du dich überfordert fühlst mit den Möglichkeiten, die dir die Moderne bietet. Wenn du den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr erkennst. Statt Lebenslust Lähmung das dominierende Lebensgefühl ist.

Wenn du aus Verzweiflung dem nacheiferst, was dir die Massenmedien vorgaukeln, wie du zu sein hast. Zumindest ging es mir viele Jahre meines jungen Männerlebens so.

Ich hatte keine Ahnung, wohin ich in meinem Leben kommen will oder was sich für mich gut anfühlt. Ich brauchte einige Mentoren, die mich an die Hand nahmen und mir zeigten, wie diese Welt funktioniert.

Erst darauf aufbauend, konnte ich erkennen, welche Möglichkeiten es gibt UND wie ich diese ergreife. Klar ist mein Weg damit noch lange nicht vorbei.

Noch immer erkenne ich jeden Tage Aspekte, die neue Bereiche meines authentischen männlichen Mann Seins entfalten.

Und um auch dich dabei ideal zu unterstützen und dir den Weg zu deiner individuellen Männlichkeit zu ebnen, haben wir für dich ein kostenloses 7-Tage-Training entwickelt.

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Über den Autor:

Mein Name ist Martin und ich bin Männercoach. Als Sven & ich 2013 Männlichkeit stärken gegründet haben, konnten wir nicht erahnen, welche Revolution wir in der deutschensprachigen Männerwelt auslösen.

Heute besuchen Millionen Männer diesen Blog, schauen unsere Videos bei Youtube oder lesen eifrig unser kostenfreies E-Mail-Training. Hunderte dieser Männern machen sich jedes Jahr auf, die Kraft ihrer Männlichkeit bei unserem Männerworkshop Authentisch Mannsein neu zu entfachen.

6 Kommentar

  1. Hi Martin,
    interessanter Artikel, vor allem das mit den adrogynen Kulturen hab ich noch nicht gewusst. Wie kann man Schwulsein und Männlichkeit deiner Meinung nach unter einen Hut bringen (wenn man ja u.a. einen Eckpfeiler der Männlichkeit im Frauen begatten sieht)? Würd mich interessieren, da ich selbst noch am Basteln meiner Indentität bin 😀 Wahrscheinlich ist es einfach egal, worauf man steht.
    Alles Beste
    Alex

    • Ich wollte gerade sagen Alexander. Wenn du dich gut und männlich fühlst, ist alles in Butter! Das ist doch das schöne an der heutigen Zeit, dass du in vielen Teilen sehr frei deine Identität kreieren kannst 😉

  2. Das wo die Jungen den Älteren das Sperma saugen hat ja auch in der katholischen Kirche anscheinend eine grosse Tradition. Machts ein “Naturvolk”, finden es alle toll und schützenswert. Immer wieder interessant wie “Tradition” ein völlig bescheuertes Verhalten irgendwann legitimiert. Ich stelle mich klar gegen Tradition. Super geschrieben, übrigens!

    • Danke Cyrill,
      ja das mit dem Sperma aussaugen und dererlei Traditionen halte ich aus meinem Blickpunkt für Fragwürdig und würde ich nicht für meine Kinder wollen.
      Es gibt jedoch Traditionen, die bestimmte Charaktereigenschaften bzw. ein Bewusstsein prägen, von denen ich sehr angetan bin.
      Weihnachten zum Beispiel ist viel viele eben eine Zeit des Konsum, doch für mich ist es vor allem eine Zeit, die ich mit meiner Familie verbringe. Und ich habe den Eindruck, dass der ursprüngliche Gedanke u.A. da herrührt, aber in der heutigen Zeit für viele verloren gegangen ist.
      Wie dem auch sei, Traditionen muss man skeptisch beurteilen und jeder sollte für sich seine sinnvollen Schlüsse ziehen. Etwas zu machen, weil es immer so gemacht wurde, ist Bullshit – danke für diesen Hinweis 🙂

  3. Hey Martin,
    das nenn ich mal einen spannenden Artikel! Danke für diese geballte Ladung an Männlichkeit.
    Konnte echt einiges mitnehmen!

    Liebe Grüße

    Tim

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